Wer hätte gedacht dass ich einen Rennbericht mal mit so einer Überschrift beginnen darf?!?!??!
Die Qualifikation für die WM habe ich mir im Mai auf Lanzarote beim dortigen Ironman geholt, 4 Wochen danach nahm ich an der Challenge Kraichgau teil (1,9km – 90km – 21km), weitere 4 Wochen später stand ich bei der Challenge in Roth (3,8km – 180km – 42km) am Start Danach erfolgte eine längere Pause und eine deutlich längere und bessere Vorbereitung auf die Ironman-Weltmeisterschaften auf Hawaii.
Am Rande bemerkt: das waren alle Rennen, an denen ich in diesem Jahr teilgenommen habe – insgesamt 4 Triathlons, 3 davon auf der Langdistanz … das darf man eigentlich auch niemanden erzählen.
Am 02.10. ging es dann endlich los nach Hawaii, die Anreise war deutlich anstrengender und länger als geplant, Flugverspätung. Eigentlich sollten wir noch am 02.10. gegen 21 Uhr Ortszeit dort eintreffen, es wurde aber leider der 03.10. um 01:30 Uhr. Immerhin konnten wir dadurch gleich den Mietwagen mitnehmen (den wir erst für den 03.10. gebucht hatten) und ersparten uns eine weitere Fahrt zum Flughafen.
Nach einer sehr sehr kurzen Nacht ging es zum Großeinkauf in den Supermarkt, anschließend Gepäck und Material auspacken und zusammenbauen. Für eine erste kurze lockere Radeinheit zum Beine vertreten war auch noch Zeit.
Die Akklimatisation verlief bei mir erstaunlich gut und schnell, die letzten Trainingseinheiten waren trotzdem alles andere als gut. Mit jedem weiteren Tag wurde der Ort voller und voller. Mehr Triathleten, mehr Werbung, mehr Verpflegungsstellen, mehr Wahnsinn von allem … Wer Narzissmus in seiner Reinform kennenlernen und sehen möchte sollte sich mal die Woche vor dem Wettkampf auf nach Kailua-Kona machen und einfach nur staunen. Es ist teilweise schon bemerkenswert was man der Bevölkerung vor Ort da zumutet …
Zurück zum eigentlichen Thema, dem Wettkampf. Die letzten Einheiten waren wie gesagt alle nicht berauschend; ich hatte immer sehr schwere Radbeine, die sich früher oder später dann aber immer besserten. Die Laufbeine waren dagegen gut. Eine längere Einheit am Sonntag stand noch auf dem Programm, eine knapp 90km lange Radausfahrt von Hawi zurück nach Kona bei sehr guten äußeren Bedingungen.
Am Mittwoch vor dem Wettkampf begann so langsam die eigentliche Wettkampfvorbereitung mit dem Abholen der Startunterlagen, am Donnerstag fand die Pasta-Party mit der üblichen amerikanischen Lobhudelei statt.
Am Freitag dann das Einchecken der Räder und Beutel, und dann war auch schon Wettkampftag.
Gegen 3:45 Uhr klingelte der Wecker, das übliche Programm sollte folgen. Kurz vor 5 Uhr erwischten wir gleich den ersten Shuttle zum Pier, dort ging es direkt zum Bodymarking und Wiegen. Anschließend zum Rad für die letzten Vorbereitungen und dann war auch schon der Start der Profi-Athleten. Merke fürs nächste Mal: nicht direkt neben die Kanonen stellen, das ist verdammt laut!!!
Direkt danach ging es ins Wasser, und kaum an der Startlinie angekommen ertönte auch schon der Startschuss. Los gings … Dieses Mal entschied ich mich für eine Position deutlich weiter vorne und links außen im Feld, die Atmosphäre hatte ich letztes Jahr ja schon genossen. Das Schwimmen in Hawaii gehört trotz Massenstart zu den angenehmen Dingen, durch die Breite des Feldes gibt es in aller Regel kaum bzw. nur sehr wenig Schläge. So konnte ich relativ entspannt und locker mein eigens Tempo schwimmen, ohne dabei gestört zu werden. Nach 32 Minuten war die zweite Rechtskurve erreicht und es ging wieder zurück in Richtung Pier. Dort kam ich leider erst nach weiteren 38 Minuten an, deutlich länger als für den etwas längeren Hinweg. Das hing vor allem mit der Strömung zusammen, diese war deutlich stärker als im letzten Jahr. Dementsprechend waren alle Schwimmzeiten im Schnitt 4-5 Minuten langsamer. So kann ich mit meiner Schwimmzeit von 1:10:33h recht zufrieden sein (Platz 135 in meiner AK, Platz 739 Overall). Ähnlich schlecht bzw. gut wie im Jahr zuvor bei schwierigeren Bedingungen.
Nichtsdestotrotz: ich muss endlich Schwimmen lernen – es hilft leider nichts, es muss sein um ganz nach vorne zu kommen.
Der erste Wechsel war in Ordnung, ich konnte deutlich einfacher als gedacht in das Oberteil von meinem Rennanzug schlüpfen und mich mit Sonnencreme versorgen (diesen Fehler wollte ich dieses Jahr nicht schon wieder machen).
Auf dem Rad angekommen begann die ganz große Aufholjagd, ich konnte von Anfang an Position um Position gutmachen, dank richtig guter Radbeine von Beginn an. Zum ersten Mal auf Hawaii in diesem Jahr und genau zum richtigen Zeitpunkt waren sie wie verabredet da.
Die kleine Schleife durch Kona war wie immer sehr voll, auf dem Highway wurde es dann deutlich entspannter und besser. Aber, es wurde schon relativ kurz nach Kona deutlich dass das kein Spaß werden wird. Schon auf dem Weg zum Flughafen war Gegenwind zu spüren, das ist normalerweise nicht der Fall. Danach wurde der Wind immer stärker, meistens vom Landesinneren von schräg vorne, aber immer wieder unterbrochen von wilden Böen aus allen möglichen Richtungen. Bis Kawaihae hielt das so an, ab dort wurde es für wenige Kilometer etwas ruhiger, um dann auf dem restlichen Weg nach Hawi umso heftiger wieder aufzukommen. Es war teilweise recht schwer auf dem Rad sitzen zu bleiben, einige wurden auch einfach weggeblasen. Aerodynamik war hier im Speziellen, aber auch während des restlichen Rennens entscheidend.
Ich komme mit diesen Bedingungen inzwischen ganz gut zurecht bzw. kann sie sehr zu meinem Vorteil ausnutzen. Ich konnte weiterhin Plätze gutmachen und wurde insgesamt nur von einer Handvoll Leute überholt. Schon auf dem Rad kündigten sich bei mir aber Magenprobleme an, ich habe das eiskalte Wasser nicht vertragen und nach jedem Schluck Magenbeschwerden und Blähungen bekommen. Das sollte mir später noch den Marathon „versauen“, auf dem Rad war es aber kein großes Problem. Man nimmt sich zwar immer die kalten Getränke, lagert sie aber vor dem ersten Trinken für 5-10 Minuten im Flaschenhalter zwischen – danach sind sie schön lauwarm und gut verträglich. Wie immer gingen auch wieder unzählige Flaschen verloren, einige konnte ich zwar reaktionsschnell noch auffangen, andere leider nicht mehr. Falls ich mal wieder hierherkommen sollte muss ich mir andere Flaschenhalter besorgen. Oder der Veranstalter schafft endlich vernünftige Radflaschen bei und verwendet nicht mehr diese komischen Supermarkt-Plastikflaschen.
Wenn wir gerade beim Abschweifen sind: Es gab dieses Jahr keine großen Gruppen auf dem Rad, die Bedingungen haben wunderbar selektiert. Trotzdem war jede Penalty-Box gut gefüllt, teilweise mit 10 oder mehr Leuten gleichzeitig. So sollte es sein, hart und fair und jeder für sich selbst.
So, wir waren zwischenzeitlich am Wendepunkt angelangt, direkt gefolgt von einer schönen Abfahrt mit Seitenwind von hinten und relativ wenigen Böen. Vom Prinzip her war der Wind um Hawi ideal, man hatte die schwierigen Bedingungen im Anstieg und die angenehmen Bedingungen bei der Abfahrt, so musste man sich wenig Sorgen machen bei 80km/h vom Rad geblasen zu werden.
Die Steigung bei Kawaihae ging problemlos, ab dort war es dann wieder mehr Seitenwind als Rückenwind, zur Abwechslung dieses Mal aus Richtung Meer. Bei Waikoloa kam dann der mit weitem Abstand angenehmste Teil der Strecke, volle Breitseite Rückenwind und Ärger über ein zu kleines großes Kettenblatt. Ich hatte zwar ein 54er drauf, im Prinzip wäre aber ein 70er nötig gewesen. Mehrere Minuten konnte man seelenruhig auf flacher Strecke 70km/h fahren, bei lockeren 110 Umdrehungen und 170 Watt. Das war richtig genial, leider aber auch genauso schnell vorbei wie es aufgekommen ist. Innerhalb weniger Sekunden hat sich die Windrichtung komplett geändert und man musste sich wieder mit 220 Watt bei 35km/h rumschlagen.
Andererseits macht genau das aber den Reiz dieses Wettkampfs aus: unberechenbare, wechselhafte und meistens schwere Bedingungen, man muss jederzeit mit dem Schlimmsten rechnen und immer konzentriert bleiben. Und irgendwie wird einem auch immer wieder deutlich gemacht, welch kleines Licht man doch eigentlich ist.
Die restlichen Radkilometer verliefen dann ähnlich, ich gegen Natur, so gut es eben ging. Sehr überraschend fand ich meine Radzeit, 4:54:55h. Damit hätte ich nicht gerechnet. Diese war nur um ca. 1 Minute langsamer als bei deutlich leichteren Bedingungen im letzten Jahr; in Plätzen ausgedrückt ca. 100 Plätze besser. Nach dem Rad lag ich Platz 36 in der AK, auf Platz 136 gesamt; damit konnte ich 759 Plätze gesamt und 99 in meiner AK gutmachen
Beim zweiten Wechsel lief alles nach Plan, nur Sonnencreme musste ich mir wieder selbst zusammensuchen, das war letztes Jahr auch deutlich besser gelöst.
Das Loslaufen war dieses Mal deutlich schwerer als sonst, irgendwie waren die guten Laufbeine verschwunden. Bzw. sie sind erst nach einer Pinkelpause bei KM 3 erschienen. Das war übrigens das erste und einzige Mal, das ich während des Rennens Wasser lassen musste – das ist mir in der Form auch noch nicht passiert.
Bei KM3 ging also das Laufen dann auch gefühlsmäßig richtig los, allerdings war da schon klar dass ich Magenprobleme bekommen würde. Es gab keinerlei Chancen mehr auf „warme“ Getränke, einfach alles (egal ob Wasser, Cola, Iso, Red Bull) war eiskalt. Bis KM25 lief das Rennen ziemlich gut, trotz immer grösser werdender Magenprobleme. Ich konnte mich weiterhin Position um Position verbessern, das Laufen hat sich locker und leicht angefühlt, weit weg von irgendwelchen Limits. Aber leider funktioniert „locker und leicht“ bei 35°C und 90% Luftfeuchtigkeit nicht ohne viel Kühlung von innen und außen, und schon gar nicht ohne Nahrungsaufnahme. Bei KM25 war mein Magen dann soweit kaputt dass einfach mal alles rausmusste. Übergeben im Energy-Lab am Straßenrand, es gibt schönere Erfahrungen. Naja, irgendwie musste es ja dann auch weitergehen, Aufgeben war nie wirklich eine Option. So schnell wie es irgendwie ging bin ich dann weitergelaufen, habe größtenteils auf Flüssigkeitsaufnahme verzichtet und nur äußerlich gekühlt, ausgiebig und an jeder Verpflegungsstelle. „Walk the aid-stations“ und „irgendwie ins Ziel retten“ waren ab diesem Zeitpunkt die Mottos.
Man kann das sehr deutlich auf der Aufzeichnung von meinem Garmin erkennen. So sieht ein Marathon aus, den man nicht unbedingt laufen möchte:
Wie man dann trotzdem eine Marathon-Zeit von 3:10:50h hinbekommt? Ich weiß es nicht, ich habe dafür selbst keine Erklärung und auch keine Erinnerung mehr. Irgendwie war der Wille stärker als alles andere.
Alles in allem steht eine Gesamtzeit von 9:23:12h zu Buche, gleichbedeutend mit dem 21igsten Platz in meiner AK und dem 92igsten Platz Overall. Zieht man dann noch die 9 Frauen ab, die mich gechickt haben, bleibt Platz 83 bei den Männern. Abzüglich der 31 männlichen Profis, die vor mir platziert sind, bleibt Platz 52 bei den Agegroupern.
Fazit:
Inzwischen durchweg positiv!
Wenn mir die Platzierung vorher angeboten hätte – ich hätte ohne zu Zögern zugeschlagen. Die Zeit ist bei den Bedingungen einfach nur richtig gut, und einen Platz unter den 100 besten Triathleten der Welt zu haben ist auch nicht wirklich verkehrt J
So kann ich das Kapitel Hawaii vorerst mit gutem Gewissen abschließen und ggf. in ein paar Jahren wieder in Angriff nehmen, mal schauen … Es gibt noch viele andere schöne und schönere Wettkämpfe als diesen.
Fürs nächste Jahr werde ich etwas kürzer treten, 3 Langdistanzen pro Jahr sind als Vollzeit-arbeitender Mensch mehr als genug und auf Dauer nicht durchzuhalten. Bisher habe ich mich noch für keinen Triathlon in 2015 angemeldet, ein interessantes und befreiendes Gefühl.
Zur Belohnung gab es u.a.:
Burger:
Cookies (Ja, ich habe sie alle gegessen … alle … alleine … in zwei Tagen …):
Shaved Ice: