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When dreams come true …

… oder was lange währt wird endlich gut …

Seit ich vor knapp 8 Jahren vom reinen Radfahrer zum Triathleten “umschulte” hatte ich diesen Traum vom Mythos Hawaii, dem Mekka aller Triathleten und Austragungsort der jährlichen Weltmeisterschaften im Ironman-Triathlon. Dieses Ziel wollte ich in knapp fünf Jahren erreichen, hatte aber nicht mit so viel Pech und so starker Konkurrenz gerechnet:

  • der erste Start bei einer Langdistanz im Jahr 2007 bei der Challenge Roth lief noch planmässig, Sub10 war das Ziel und wurde passgenau mit einer Gesamtzeit von 9:59:39h erreicht
  • das zweite Langdistanzjahr war geprägt von vielen Laufverletzungen und entsprechend wenig Lauftraining, umso beachtlicher war dennoch die Zeit von 10:12:58h, wiederum bei der Challenge Roth
  • das Jahr 2009 verlief ähnlich verletzungsreich wie das Jahr zuvor, wiederum mit vielen Laufverletzungen. Ein DNF bei der Challenge Kraichgau und beim ersten ernsthaften Hawaii-Quali-Versuch in Österreich beim Ironman Austria waren die Folgen
  • nach überwundenen Verletzungen war das Jahr 2010 dann das bisher beste Jahr, beim Ironman Frankfurt konnte ich meine Bestzeit auf 9:36:19h verbessern. Und ab da fing dann die Sache mit der starken Konkurrenz an … jedenfalls fehlten knapp 90 Sekunden zur Qualifikation für Hawaii. Den Rest des Jahres nutzte ich, um meinen allerersten Solomarathon in 2:56:15h zu laufen
  • 2011 war dann eigentlich ein perfektes Jahr, keine Verletzungen, neue Bestzeiten – es passte einfach alles zusammen. Neue Bestzeiten gab´s beim Heidelberg Halbmarathon, bei der Challenge Kraichgau und beim Ironman Frankfurt. Meine Vorjahreszeit konnte ich um weitere 18 Minuten auf 9:18:55h verbessern, für die Quali hat es trotzdem nicht gereicht – es fehlten lächerliche 13 Sekunden. Ein weiterer Quali-Versuch beim Ironman in Wales scheiterte dank dreier Platten beim Radfahren
  • 2012 war dann wieder geprägt von Laufverletzungen und viel Trainingsausfall. Für den Ironman in Frankfurt hatte ich aber gerade noch die Kurve bekommen und war in einigermassen ansprechender Form am Start, habe mir das Rennen dann aber auf dem Rad selbst kaputtgeradelt und musste das beim Laufen büssen. Um weitere drei Minuten konnte ich trotz allem meine Bestzeit auf nun 9:15:39h verbessen. Und man ahnt es schon – für Hawaii war es wieder knapp 30 Sekunden zu langsam.

 

Nach all diesen Erlebnissen hatte ich eigentlich beschlossen, in diesem Jahr keinen weiteren Quali-Versuch zu unternehmen und mich voll die Challenge Roth zu konzentrieren. Back to the roots, zurück nach Hause zur meiner Meinung nach besten Triathlonveranstaltung weltweit. Ganz selbstbewusst hatte ich bei der Anmeldung das Häkchen bei “Sub9” gesetzt, die Zielsetzung war also eindeutig. Die Vorbereitung lief sehr gut, wenn man mal von der kleinen Schwimmschwäche absieht. Das war aber einkalkuliert und vom Trainingsaufwand auch nicht anders zu erwarten.

So stand ich am 14. Juli um 6:30 in Roth am Start, kam dank schlechtem Schwimmen nach 1:05h aus dem Wasser und war einigermassen entsetzt – so hatte ich mir das doch nicht vorgestellt. Die ersten zwei Stunden auf dem Rad waren richtig hart, die Beinmuskulatur schmerzte komplett. Danach wurde es von Minute zu Minute besser, die Schmerzen verschwanden und es lief endlich rund. Nach 4:48h Fahrtzeit parkte ich mein Rad in T2, ein Blick auf die Uhr beim Verlassen dieser zeigte eine bisherige Gesamtzeit von 5:57h an … Puh, so eng war das eigentlich nicht geplant, aber alles noch im Bereich des Möglichen.

Ich wusste aus den Vorjahren und den Trainingsergebnissen, dass ich eine sichere 3:08h auf den verbleibenden 42,2 Kilometern laufen konnte, aber eine 3:02h????? Das ist nochmal eine andere Liga, in Zahlen ausgedrückt 10sek pro Kilometer schneller. Ich entschied mich dann für die Risikotaktik, entweder klappt es gerade noch so mit Sub9 oder es geht richtig schief. Zum Glück war es dann ersteres, so dass ich nach 8:59:27h im Ziel ankam, völlig erschöpft, aber überglücklich. Mission erfüllt, willkommen im Sub9-Club!!!

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Soweit zur Vorgeschichte.

Nach Roth legte ich eine zweiwöchige Pause ein, das Rennen hat körperlich und vor allem mental sehr sehr viel Energie gekostet – gleichzeitig liess mich aber der Gedanke nicht los, nochmal einen Quali-Versuch zu starten. Doch wo? Der Ironman Wales wäre eine Option gewesen, war aber leider schon ausgebucht. Es blieb also nur noch Kopenhagen übrig, das Rennen ist erst vor kurzem zu einem Ironman geworden (der Veranstalter hat seine Firma an den Ausrichter der Ironman-Rennen verkauft) – dementsprechend hoffnungsvoll war ich. Meine Theorie besagte, dass alle die nach Hawaii wollten sich bereits bei anderen IM-Rennen angemeldet hatten und die Konkurrenz dort nicht ganz so stark sein würde…  Kurzentschlossen meldete ich mich also an und wenige Tage später gings auch schon los.

Sachen packen, nach Kopenhagen fahren, einchecken, das übliche Programm …

Die Startgruppen waren so eingeteilt, dass immer die jeweiligen Altersklassen zusammen an den Start gingen. Das ist sehr ungewöhnlich, ich war in Startgruppe 4 und dementsprechend viele Leute waren bereits vor mir.

Interessanterweise hatte ich bis kurz vor dem Start überhaupt keine Lust auf das Rennen, war nicht aufgeregt und quasi tiefenentspannt. Ich wusste aber auch dass das ganze Unterfangen eine Harakiri-Aktion war, hatte aber immer diese Hoffnung und den Glauben, dass es gut gehen könnte/würde.

Auf das Rennen selbst war ich in keinster Wiese vorbereitet, ich kannte keinen Zentimeter der kompletten Strecke, alles war Neuland. Ich hatte mir auch vorher keine Gedanken gemacht wie ich das ganze angehen werde, welche Taktik usw. Das ging sogar so weit, dass ich erst beim Schwimmen feststellte, dass in Salzwasser geschwommen wurde. Schmeckt übrigens eklig …

Naja, egal. Mit einem Landstart gings los, mit erstaunlich wenig Prügelei und die ganze Zeit über mit einem sehr lockerem Gefühl. Ich wusste während des Schwimmens nicht, wie ich das zu deuten hatte – konnte aber auch nicht wirklich schneller schwimmen. Roth hatte sich ähnlich angefühlt, so war ich bereits auf das Schlimmste vorbereitet und dachte schon an eine 1:10h oder sowas, es kam mir zu locker und langsam vor. Erschrocken im positiven Sinne bin ich, als ich nach dem Schwimmausstieg eine 1:01h auf der Uhr sah. Wow, damit hatte ich nicht gerechnet … und noch viel geiler wurde das Gefühl, als ich sah dass noch fast alle Räder aus meiner Startgruppe in T1 hingen. Ein völlig neues Gefühl für mich, normalerweise ist mein Rad dort verwaist.

Los gings auf dem Rad, einmal quer durch Kopenhagen und dann an der Küste entlang Richtung Norden, mit ordentlichem Rückenwind aus Südwesten. Die Beine waren ähnlich schlecht wie in Roth, aber ich wusste ja dass sich das nach zwei Stunden legen würde. Die ersten 40km vergingen wie im Fluge in knapp 59 Minuten, das war einfach nur geil. Dann kam der etwas unschönere Teil, man musste die Strecke ja auch irgendwie wieder zurückfahren. Ich hab keine Ahnung warum, aber der Wind kam für mich, mein Rad und meine Radposition aus so einer perfekten Richtung dass ich eine Sogwirkung hatte und es sehr zügig voranging. Ich war nur am Überholen bzw. am Vorbeifliegen an anderen Teilnehmern aus bereits zuvor gestarteten Startgruppen, und ich wartete fast sehnsüchtig drauf dass ich auch mal überholt wurde – das passierte zwar insgesamt ca. 30 Mal, aber 26x von Fotografen und Kameramotorrädern, kein einziges Mal von einem Kampfrichter und nur 4 mal von anderen Radfahren. Zwei Staffelradfahrer und zwei weitere Einzelstarter, einen davon kassierte ich direkt vor T2 wieder (der sollte das gleiche auch beim Laufen nochmal machen um wiederum von mir geholt zu werden; wie sich später rausstellte war der in meiner AK). Irgendwann so nach drei oder vier Rennstunden begann ich zu realisieren was hier gerade abging und welche Chance sich hier bot. Und plötzlich hatte ich richtig Lust auf das Rennen und die Qualen, der Rest der Radstrecke verging wie im Fluge. Nur die letzten Kilometer zurück nach Kopenhagen durch die Stadt waren eklig, da kam der Wind frontal von vorne und es hätte mich zweimal fast vom Rad geblasen. Mit meiner Radzeit von 4:39:05h für die 180km bin ich super glücklich, auch wenn der Wind sehr geholfen hat.

Nun sass ich da in der zweiten Wechselzone, die Uhr zeigte eine Gesamt-Rennzeit von knapp 5:45h an und ich konnte es noch immer nicht so recht fassen. Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn. Jetzt noch einen soliden Marathon wie in Roth hinlegen und hoffen dass es reicht. Los gings, gesagt, getan. 4 Runden durch die Innenstadt waren zu laufen, mit sehr sehr viele Ecken und Kurven, schlechtem Strassenbelag, teilweise auf Holzstegen im Hafen, Kopfsteinpflaster, nassen und rutschigen Strassen und viel Wind. Insgesamt nicht sehr schön zu laufen. Auch die Verpflegungstationen waren sehr ungewohnt, alle auf der linken Strassenseite, manchmal zwei innerhalb von 500m und dann wieder 2km keine. Die ersten zwei Runden waren relativ problemlos, anschliessend wurde die Strecke richtig voll und man konnte teílweise überhaupt nicht mehr überholen, die Strecke ist schlicht und einfach zu eng. Hintenraus wurde es wie erwartet deutlich zäher, dennoch konnte ich das Tempo einigermassen hochhalten. Nach weiteren zwei Runden gings dann ins Ziel, dessen Einlauf so versteckt war dass man ihn richtig suchen musste. In der Zwischenzeit war mir auch klar geworden, dass ich meine gerade 6 Wochen alte Bestzeit deutlich unterbieten würde. Pulverisieren ist eigentlich der bessere Ausdruck. 3:02:11h für den Marathon, eine Gesamtzeit von 8:48:02!!! Weitere 11 Minuten schneller als in Roth … wow …

Körperlich war ich völlig am Ende, aber dafür richtig glücklich. Damit hätte ich nie und nimmer gerechnet und auch nie zu träumen gewagt. Und dann hat man ihn einfach, den perfekten Tag an dem alles passt … Ich glaube das war er, und ich weiss das entsprechend zu würdigen.

Es blieb noch das grosse Zittern bzgl. meiner Platzierung, musste ich doch für die Quali mind. den sechsten Platz in meiner Altersklasse erreichen. Ein paar Minuten später folgte aber die riesengrosse Erleichterung beim Blick auf die Ergebnisliste, Platz 15 gesamt, Platz 4 in meiner Altersklasse, fünft-bester Amateur. Hawaii, ich komme …Capture

 

 

Ein Wort noch zu meiner jetzigen Altersklasse M30:Was da abgeht ist nicht normal, die Zeiten sind völlig irrsinnig. Das ist mit Abstand die schnellste AK überhaupt, da zu bestehen ist nicht wirklich einfach. Ich musste das leider am eigenen Leibe feststellen, ich hab jedes Jahr enorme Fortschritte in meiner Leistung gemacht, alle anderen aber auch und teilweise noch grössere. Hier bei dem Rennen sind 4 andere Amateure vor mir, 3 in meiner AK. In Roth waren es 27 Amateure, davon 14 in meiner AK. Einfach unglaublich. 2 Minuten langsamer und ich hätte wieder keinen Slot bekommen – mit einer Zeit von weit unter 9 Stunden. Da fällt man fast vom Glauben ab.

Für die Statistikfreunde hier die Daten vom Rennen:
Swim: http://connect.garmin.com/activity/361990462
Bike: http://connect.garmin.com/activity/361990470
Run: http://connect.garmin.com/activity/361990478

 

Zum Schluss möchte ich mich noch bei allen Bedanken, die das möglich gemacht haben und mich unterstützt haben. Vielen vielen Dank!!! Vor allem an meinen Physio Tobi für die wöchentlich härtesten 30 “Trainingsminuten”.

 

Aloha & see you in Kona, Hawaii.

One reply on “When dreams come true …”

Herzlichen Glückwunsch, Chris, zu dieser grandiosen Leistung und der Quali! Das hast du Dir verdient, schön dass es endlich geklappt hat. Viel Erfolg auf Hawaii und vor allem viel Spass. enjoy 🙂

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