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Ironman Germany: bestes Karriere-Rennen ohne Happy-End

Mein längster Tag des Jahres begann früh, um kurz vor 4 Uhr klingelte der Wecker. Ich hatte gut geschlafen und fühlte mich gut; die Beine waren locker und ich war auch mental bereit für die kommende Herausforderung. Ein kleines Frühstück und endlich auch wieder Kaffee, umziehen und los gings. Gemeinsam mit Tobi, Caro und Klaus-Peter machte ich mich auf dem Weg zum Shuttle-Bus, der uns zum See bringen sollte.
An der Haltestelle dann der erste Schock, dort standen bereits 200-250 Leute … und es kamen lange keine Busse. Hektische Telefonate eines Helfers dort liessen auch nicht gerade Ruhe aufkommen. Zum Glück hatten wir uns nicht so vorbildlich verhalten und uns vorne in die Schlange gestellt; als dann der erste Bus kam konnten wir als erste in den Bus steigen. Die Fahrt dorthin verlief eigentlich problemlos, so dass wir gegen 6 Uhr beim Schwimmstart eintrafen. Reichlich spät, blieben mir nun nur noch 45 Minuten Zeit bis zu meinem Start.
Ich versuchte irgendwie Ruhe zu bewahren und nicht in Hektik zu verfallen, was mir aber nicht so recht gelang. Nachdem ich alle Vorbereitungen und Kontrollen beendet hatten blieben mir noch 15min Zeit, um zum Start zu gelangen und mich etwas einzuschwimmen. Kurze Zeit später fiel auch schon der Startschuss und es ging los.
Das Schwimmen war im Vergleich zum letzten Jahr sehr entspannt, von Überlebenskampf wie im letzten Jahr war es sehr weit entfernt. Ich fand schnell meinen Rhythmus, trotzdem hatte ich nach ein paar hundert Metern eine Panikattacke. Ich war zu dem Zeitpunkt mitten in einem Pulk drin, wurde aber nicht berührt oder getreten und auch zu den anderen Teilnehmern war ausreichend Abstand. Trotzdem wollte ich aus dem Pulk raus, irgendwoher kamen die Erinnerungen aus dem letzten Jahr und sorgten für Panik. Sowas hatte ich bisher noch nie und wusste in dem Moment auch nicht so wirklich damit umzugehen. Mein erster Gedanke war, stark die Richtung nach links oder rechts zu ändern und nach aussen zu schwimmen. Das ging aber nicht, da hätte ich richtig was einstecken müssen. Also blieb nur die Alternative “Ruhe bewahren und hoffen, dass es besser wird”. Zum Glück verschwand die Attacke genauso schnell wieder wie sie gekommen war, trotzdem kam mir die Zeit wie eine Ewigkeit vor.
Der Rest der ersten Schwimmrunde lief gut, ich konnte die ganze Zeit über im Wasserschatten anderer Teilnehmer schwimmen und Kräfte sparen. Beim kurzen Landgang nach ca. 2,1km habe ich mir beide Fusssohlen aufgerissen, der dort liegende Kies war ziemlich spitz. Das störte aber nur kurz und behinderte mich im weiteren Wettkampf nicht. Die zweite Runde verlief ebenfalls problemlos, allerdings wurde ich dort vom starken Wellengang mehrfach abgetrieben und fand auch keinen guten Wasserschatten mehr. Die zweite Runde war daher etwas anstrengender, vermutlich bin ich da auch ein paar Meter mehr geschwommen als nötig gewesen wären. Mit der Schwimmzeit von 1:00:23h bin ich zufrieden, auch wenn ich unter 1h Stunde schwimmen wollte.

Der erste Wechsel war ok, aufgrund der Wettervorhersage (5% Regenwahrscheinlichkeit und 12-17°C) habe ich noch ein extra Radtrikot sowie Armlinge angezogen. Im Nachhinein war das natürlich viel zu wenig, es wurde weder wärmer noch blieb es trocken. Von den 5h auf dem Rad waren ca 4,5h nass – starker und kalter Wind tat sein Übriges dazu. Bereits nach einer Stunde war ich komplett durchgefroren, meine Beine waren blau und ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper. Es war somit nur eine Frage der Zeit, wann der Mann mit dem Hammer kommt bzw. meine Energie zu Ende war. Ich hatte schon relativ früh im Wettkampf Krämpfe in beiden Beinen, fahren im Stehen oder ein Durchstrecken der Beine war mir nicht möglich. Nach 2,5h Renndauer habe ich mir ernsthaft die Frage gestellt, wie man in einem solchen Zustand noch einen Marathon laufen soll …


Zusätzlich zu den äusseren Bedingungen kamen noch Materialprobleme: Der elende Kopfsteinpflaster-Abschnitt in Maintal hat dafür gesorgt, dass erstens mein Flaschenhalter am Lenker nur noch rumbaumelte, zweitens der Deckel meiner Werkzeugbox nicht mehr zuging und drittens mein Ersatzschlauch sich von Unmengen Panzertape lockerte. Warum man uns diesen Streckenteil antun muss ist mir absolut nicht klar, der hat da definitiv nichts verloren!!!
Das waren die schlimmsten Bedingungen auf dem Rad in meiner Karriere, sowas Ähnliches hatte ich nur 2008 in Roth erlebt, damals war der Wind aber nicht vorhanden. Teilweise war es schwierig, überhaupt auf dem Rad zu bleiben – so schwierig waren die Bedinungen. Oder anders ausgedrückt: Bergab mit 25km/h und voller Leistung – juhu.
Die Radzeit betrug am Ende 5:04:19h, in Anbetracht der äusseren Umstände sicherlich nicht schlecht – aber bestimmt 15 Minuten über der Zeit, die ich bei normalen Bedingungen hätte fahren können.

Ich war selten so froh, dass das Radfahren endlich zu Ende war. In der zweiten Wechselzone wurde mir zuerst der falsche Beutel gereicht, so dass ich mir meinen eigenen Beutel erst suchen musste. Der Wechsel verlief problemlos und ich fand relativ zügig meinen Rhythmus. Oberste Priorität war erstmal zu Essen und zu Trinken was die Verpflegungsstände hergaben, ich wollte schnellstmöglich die Krämpfe aus den Beinen haben.

Zum Glück hat das relativ gut funktioniert und die Beine wurden von Kilometer zu Kilometer besser. Ich fand schnell einen guten und schnellen Rhythmus, den ich auch die kompletten 42 Kilometer über durchhalten konnte. Gleich zu Beginn der Laufstrecke habe ich erfahren, dass ich auf Platz 18 in meiner AK liege – eine gute Nachricht. Trotzdem war klar, dass ich alles riskieren muss, damit es mit der Quali klappen würde. So lief ich im 4:30er Schnitt los, und hoffte diesen so lang wie möglich halten zu können. Auch beim Laufen gab es immer wieder Regenschauer und heftigen Wind, teilweise habe ich auch dort gefroren und wünschte mir wärmere Kleidung. In den ersten anderthalb Runden musste ich mich etwas bremsen, um nicht zu überzocken – und wurde prompt von sehr vielen Leuten überholt. Ich wusste zu dem Zeitpunkt, dass ich sehr viele von denen wiedersehen würde. So kam es dann auch, ab der dritten Runde schlug meine Stunde und ich konnte noch sehr viele Leute überholen. Gegen Ende der Laufstrecke wurde es auch für mich schwer, ich konnte trotzdem das Tempo halten und lief den bisher besten Marathon meiner Karriere: 3:09:20h, einfach sensationell, vor allem nach der Vorbelastung! Ich hatte mir insgeheim erhofft, dass das möglich sein würde – es aber dann auch praktisch umzuzusetzen freut mich wirklich sehr.

Tja, so kam ich nach dem bisher härtesten Tag meiner Triathlon-Karriere mit einer neuen persönlichen Bestzeit von 9:18:55h ins Ziel, völlig ausgepumpt und total erschöpft. Die Zeit von letztes Jahr konnte ich um über 18 Minuten verbessern, es reichte für den 50. Platz gesamt sowie den 14. in meiner Altersklasse. Der einzige Wehrmutstrofen sind die 13 Sekunden, die mir für die Hawaii-Quali fehlten…

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